Freitag, 27.11.2015

Wahrheit um jeden Preis?

Zu einem informativen Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion waren zahlreiche Interessierte in das St. Elisabeth-Hospital Beckum gekommen. Gudrun Bruns, Leiterin der Krebsberatungsstelle Münster, Dr. med. Oliver Christ, aus der Praxis für Hämatologie und Onkologie Hamm und Erich Lange, Leiter des Hospiz St. Michael Ahlen sowie der Rechtsanwalt Rüdiger Gockel referierten darüber, ob eine Diagnose in jedem Fall einem Patienten mitgeteilt werden muss.

Fachkundige Informationen zum Thema gaben: Erich Lange, Gudrun Bruns, Dr. med. Oliver Christ und Rüdiger Gockel (v.l.).

"Die Diagnose Krebs trifft viele Menschen unerwartet und stellt ihr Leben in Frage. Auch Angehörige sind oft verunsichert und belastet", erklärte Gudrun Bruns. Dabei gibt es psychische Aspekte, die sich in Form von Angst und Trauer äußern können, aber auch soziale und sozialrechtliche Aspekte, die Gesprächsbedarf auslösen.

Wenn es um schwerwiegende Diagnosen geht, herrscht oft große Sprachlosigkeit, sowohl bei den Patienten und ihren Angehörigen, als auch bei den betreuenden Ärzten und Pflegekräften. Dabei leiden alle Beteiligten häufig daran, nicht über die Situation sprechen zu können. Darum ist Aufklärung notwendig und die Voraussetzung für weitere Entscheidungen.

Häufig stellt sich die Frage wie viel Aufklärung von wem erwünscht ist und wer sie durchführen soll. Der Rechtsanwalt, Rüdiger Gockel, wies darauf hin, dass im Jahr 1884 ein Reichsgericht erstmals einen Arzt wegen Körperverletzung anklagte, weil er eine Operation durchführte, ohne den Patienten um Einwilligung zu fragen. "Ein Arzt ist durch den Behandlungsvertrag verpflichtet Patienten aufzuklären und deren Einwilligung für Eingriffe einzuholen, ansonsten kann dies für ihn strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen haben", so Gockel. Er erklärte jedoch auch, dass ein Patient selbst entscheiden kann, ob er aufgeklärt werden möchte oder nicht, was auch mit einer Patientenverfügung bzw. einer Vorsorgevollmacht geregelt werden kann. Es gilt in jedem Fall das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.

"Die Überbringung schlechter Nachrichten kann zur Veränderung der Zukunftsperspektive eines Menschen führen", so Dr. Christ. Er berichtete, dass mehr als 95% aller Patienten über ihre Diagnose informiert werden möchten. Oft ist es so dass Interesse an den Heilungschancen sowie der Effektivität der Behandlung besteht. "Es ist wichtig, sich für ein persönliches Gespräch Zeit zu nehmen, in klarer Sprache ohne Fachausdrücke aufzuklären und ehrlich zu sein", so Dr. Christ.